Berlin: Das nächste Adbusting-Verfahren ist eingestellt

Nach Hausdurchsuchungen, DNA-Proben und Meldungen ans Terrorabwehrzentrum GETZ wegen dem Verändern von Werbeposter in den Jahren 2018/19 bricht die Repressionskulisse der Berliner Cops mehr und mehr zusammen. Die Staatsanwaltschaft stellt nun nicht nur Verfahren wegen Quatsch mit Werbevirtrinen ein, auch das Bekleisten von Mega- Lights führte nun zu einer Verfahrenseinstellung: „Wir sehen hier, was möglich ist, wenn linke Strukturen offensiv mit Repression umgehen, statt wie das Kaninchen vor der Schlange zu sitzen“ kommentiert Klaus Poster von der Soligruppe plakativ.

Antifa-Adbusting
Warum eigene Poster drucken, wenn man auch Adbusting machen kann? Das dachten sich auch einige Antifaschist*innen in Berlin-Adlershof im Juni 2020. An ihrem S-Bahnhof kaperten sie eine Werbefläche mittels Papier und Kleister. Statt auf einen Streaming-Dienst für Hörbücher aufmerksam zu machen, zeigte das Poster nach der Aktion ein großes Antifa-Logo. Außerdem bekam der Werbeslogan „Füll deinen Sommer mit Geschichten“ die Ergänzung „Support your local Antifa.

Das verschönerte Plakat war kaum zu übersehen. Leider hielt das Adbusting nicht lange. Bereits gegen Nachmittag war es von besorgten Bürger*innen abgerissen worden. Kein Wunder: In Adlershof können Nazis* und besorgte Bürger*innen normalerweise ungestört völlig offen faschistische Symbole im Alltag in der Öffentlichkeit und im Feuerwehrhaus zeigen, ohne das die guten Deutschen und Demokrat*innen sich daran stören.

Polizei stellte zwei Personen
So wundert es nicht, dass das Adbusting bereits in der Nacht einer Streife vom Abschnitt 65 aus Johannisthal aufgefallen war. Laut Akte sah eine Streifenwagenbesatzung vier unbekannte Personen, welche das Plakat umgestalteten und daraufhin aus ihrem Sichtfeld flohen. Für die Beamten des Abschnitts 65, deren Rechtsdrall im Zusammenhang mit der Weitergabe von internen Details aus der Amri-Akte an Nazichatgruppen und dem Naziterror in Süd-Neukölln einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde, ging das natürlich gar nicht und sie begannen laut Akten mit einer Nahbereichsabsuchung. Dabei stellten die Beamten einige Straßen weiter zwei Personen.

Fahndung nach Terrororganisation
Die Beamten sagten den beiden, sie wären tatverdächtig, die Verschönerung am Bahnhof begangen zu haben. Zunächst mussten sich die Polizist*innen aber erst mal darüber austauschen, ob “Antifa” nun eine verbotene Terrororganisation wäre oder nicht. Derweil lagen die beiden Betroffenen zum Terrorverdacht passend mit Handschellen gefesselt auf dem Boden. Zur völligen Überraschung der Beamten stellten sie nach telefonischer Rücksprache mit dem LKA-Dauerdienst fest, dass es sich beim Antifa-Logo weder um ein verbotenes Symbol noch um das Zeichen einer Terrorgruppe handelt.

Einstellung nach einem halben Jahr
Trotzdem beschuldigte sie der Staatsschutz im Oktober 2020 der Sachbeschädigung(Straftat) sowie des Verstoßes gegen das Presserecht (Ordnungswidrigkeit). Dabei behaupten die Beamt*innen, dass das Überkleben von Papier mit noch mehr Papier und Kleister einen Schaden von 100 Euro versucht habe. Nach Vorladungen machten die Betroffenen den Fall öffentlich. Ein halbes Jahr nach der Verhaftung wurde das Verfahren mangels Gründe für eine Anklageerhebung von der Staatsanwaltschaft eingestellt (StPO § 170,2).

Bereits im Mai 2020 stellte die Staatsanwaltschaft Berlin klar, dass das Hineinhängen von eigenen Postern in Werbevitrinen nicht strafbar sei (den Beschluss gibt’s hier). „Und nun wird auch Quatsch mit Großflächen eingestellt.“ Klaus Poster von der Soligruppe plakativ weiß aktuell nur von zwei weiteren Verfahren. „Angesichts der Popularität von Adbusting ist das nicht besonders viel. Allerdings sollte man nicht beim Adbusting lachen. Das ist strafverschärfend.“