Korrektur:Frieda freut sich: Adbusting-Verfassungsbeschwerde wohl angenommen

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir bitten eine Panne zu entschuldigen. Aufgrund fehlerhafter Kommunikation unsererseits untereinander in der Soligruppe fehlt in der Mitteillung zur Verfassungsbeschwerde ein „wohl“. 
Der korrigierte Satz muss lauten:


„Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde WOHL tatsächlich zur Entscheidung angenommen (2 BvR 1749/20) UND der Senatsverwaltung für Justiz und der Generalbundesanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahmen gegeben.“


Wir bitten die Panne zu entschuldigen. Wir sind keine Hauptamtlichen, die sowas täglich machen, sondern Freiwillige in einer Soli-Gruppe, die sich aus Überzeugung politisch engagieren. Trotzdem darf so eine Panne natürlich nicht passieren, und wir bedauern den Vorfall sehr.


Klaus Poster, Soligruppe plakativ


PS: Der korrigierte Text:


In der Auseinandersetzung um das politische motivierte Verändern von Bundeswehr-Plakaten (Adbusting) könnte den Berliner Ermittlungsbehörden die nächste Niederlage drohen. Nach einer Razzia bei einer Studentin klagte diese gegen die Hausdurchsuchung in Karlsruhe. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde wohl tatsächlich zur Entscheidung angenommen (2 BvR 1749/20) und der Senatsverwaltung für Justiz und der Generalbundesanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahmen gegeben. „Nur ca. 2% der Eingaben, die in Karlsruhe landen, werden vom Bundesverfassungsgericht überhaupt zur Entscheidung angenommen. Und unsere Beschwerde ist wohl eine davon!“, freut sich die Klägerin Frida Henkel. Die Polizei Berlin hat bereits reagiert: Um Adbustings und die mit der Repression einhergehenden Blamagen zu vermeiden, verzichtete die PR-Abteilung der Polizei die letzten zwei Jahre auf Werbeposter in Werbevitrinen.  

 September 2019: Das LKA Berlin durchsucht drei Wohnungen in Berlin, u.a. bei der nun klagenden Jura-Studentin Frida Henkel. Frida hatte ein Werbeplakat der Bundeswehr bemalt. Das Militär suchte mit dem Slogan „Geht Dienst an der Waffe auch ohne Waffe?“ nach IT-Kräften. Frida machte daraus: „Kein Dienst an der Waffe geht ohne Waffe!“ Diese Aktionsform nennt sie „Adbusting“. Eine Zivilstreife beobachtet Frida und eine Freundin dabei, wie sie das Poster wieder in eine Werbevitrinen hängen wollten und nahm die Personalien der beiden auf. Im Einsatzbericht schreiben die Cops, dass auch der von ihnen angerufene Hauptkommissar nicht wisse, ob das überhaupt strafbar sei.  

Überraschende Hausdurchsuchung 

Einige Monate später die überraschende Wendung: Nach Adbusting-Aktionen zum „Tag der Bundeswehr“ 2019 beschließt das LKA in Ermanglung besserer „Spuren“ die Plakate auf DNA Spuren zu untersuchen und bei ihnen bereits bekannten Adbusterinnen Hausdurchsuchungen durchzuführen. Das LKA erklärt im Antrag zur Erwirkung des Durchsuchungsbeschluss, warum ein bisschen Papier und Kleber ihrer Meinung nach einen Eingriff in das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung rechtfertigen: Die Aktionsform sei geeignet, den ursprünglichen Sinn der Bundeswehrwerbung „gar lächerlich“ zu machen. „Der Grund für die Hausdurchsuchungen ist, dass ich die Bundeswehr kritisiert habe.“ sagt Frida. „Deshalb wehren wir uns dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht!“  

Beschwerde in Karlsruhe

 Die Klage in Karlsruhe reichte Frida Henkel gemeinsam mit den Rechtswissenschaftlern Prof. Dr. Mohamad El-Ghazi (Universität Trier) und Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano (Universität Bremen) ein. Mit vorläufigem Zwischenerfolg: Das Bundesverfassungsgericht hat sich dem Fall angenommen. Das bedeutet, dass das Gericht beschlossen hat, dass Fridas Fall eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung hat und in der Sache eine Entscheidung notwendig ist. „Doch bis es soweit ist, kann leider noch einige Zeit vergehen“, sagt Frida.  

Unbequemes Adbusting ist grundrechtlich

geschützt Vom Landgericht Berlin war Fridas Klage gegen die Hausdurchsuchungen zuvor noch abgewiesen worden. Es urteilte 2020: „Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war vorliegend (noch) gewahrt“. Das sieht Prof. Dr. Fischer-Lescano, einer der Unterstützer der Verfassungsbeschwerde, anders. Auf einem Beitrag im Verfassungsblog schreibt er: „Das Vorgehen gegen spezifische Meinungsinhalte wird von Art. 5 GG grundsätzlich untersagt. Es wird Zeit, dass die deutschen Sicherheitsbehörden diesen Grundsatz auch dann beherzigen, wenn es um Adbusting geht, das sich kritisch mit ihren Praxen und Imagekampagnen auseinandersetzt.“ https://verfassungsblog.de/adbusting-unbequem-aber-grundrechtlich-geschuetzt/  

Ist Adbusting überhaupt strafbar? 

Dank der Medienöffentlichkeit, die Frida und andere kriminalisierten Adbuster*innen erwirkten, sind die Ermittlungsbehörden beim Verfolgen von Adbuster*innen inzwischen vorsichtiger geworden. Sogar die Berliner Staatsanwaltschaft vertritt mittlerweise die Auffassung, dass das Hineinhängen von eigenen Postern in Werbevitrinen nicht strafbar ist.

Laut den Dokumentationen der Soligruppe plakativ wurden in Berlin bereits Verfahren wegen Diebstahl (231/js1331/20), schwerem Diebstahl, Sachbeschädigung (231/js1331/20), Beleidigung, Übler Nachrede, Störpropaganda gegen die Bundeswehr (gibts wirklich, https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-10958.pdf) und Erschleichen von Leistungen1 eingestellt. Ahnliche Entscheidungen gibt es von Strafverfolgungsbehörden aus Hamburg, München, Erlangen, Erfurt (https://www.nd-aktuell.de/artikel/1128063.zentrum-fuer-politische-schoenheit-ermittlungen-die-es-nie-haette-geben-duerfen.html), Stuttgart, Bremen und anderen Städten.  

Polizei mit neuer Strategie 

Statt sich immer neue Paragrafen auszudenken, ist auf eine zuverlässigere Strategie gegen Adbustings an Polizeipostern gewechselt. „Zwar hat der Zoll, die Justiz oder Bundespolizei in Berlin Werbekampagnen durchgeführt, doch die Polizei Berlin verzichtet seit zwei Jahren auf Plakatkampagnen in Werbevitrinen im Nahverkehr“ bericht Klaus Poster von der Frida unterstützenden Soligruppe plakativ. Die wenigen Poster der Polizei Berlin im Megalight-Format hingen ausschließlich in videoüberwachten Stationen hinterm Gleis und der Stromschiene. „Schön, dass auch die Berliner Polizei ihren Umgang mit Adbustings letztlich zumindest teilweise überdacht hat.“  https://110prozentberlin.wordpress.com/  

Auch die Bundeswehr ist auf dem Rückzug

 Kein Einzelfall: Auch die Bundeswehr nahm von ihren Plänen Abstand, den Tag der Bundeswehr in Berlin zu veranstalten. Ein Grund: Kontinuierliche Proteste mit gefälschten Postern, Fake-Schreiben und anderem Kreativprotest: https://www.bild.de/regional/berlin/berlin-aktuell/gunnar-schupelius-mein-aerger-bundeswehr-weicht-in-berlin-vor-linksextremisten-z-83180440.bild.html   

Hintergrundinfos:  Analyse zum Fall von Prof. Dr. Fischer-Lescano: https://verfassungsblog.de/adbusting-unbequem-aber-grundrechtlich-geschuetzt/  

In Legal Tribune Online erklären drei Profs die juristische Lage von Fridas Fall: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/hausdurchsuchung-nach-adbusting-jurastudentin-verfassungsbeschwerde-strafbar-diebstahl-sachbeschdigung-urheberrechtsverletzung/  

Frida berichtet dem Y-Kollektiv von ihrer Aktion und der Hausdurchsuchung: https://www.zdf.de/funk/ykollektiv-1059/funk-adbusting-kunst-protest-oder-gefaehrlicher-extremismus—y-kollektiv-102.html 

 Frida beim ZDF: https://www.zdf.de/nachrichten/video/panorama-adbusting-plakate-100.html

  1. 353 Gs) 3014 Js 13273/21 (5456/22 []