Die Berliner Polizei scheint ein ausgeprägtes Interesse für Kunst zu pflegen: Gleich zwei mal klingelten sie morgens um 6 Uhr die gleichen Leute wach, um Plakate zu begutachten, einzukassieren, und Monate lang mühevoll auszuwerten. Das Ergebnis ist nun ein Prozess am Amtsgericht Tiergarten, bei dem der Vorwurf der Sachbeschädigung und des besonders schweren Diebstahls von Plakaten im Raume steht. 200 Tagessätze schlägt die
Staatsanwaltschaft zu Berlin vor – nicht als Kunstpreis, sondern als Strafe. Es handelt sich dabei u.a. um Plakate gegen Rechts, die auch auf dieser Seite schon verbreitet wurden. Ebenfalls ist das mimimi-Plakat (Causa Erdogan/ Jan Böhmermann, Majestätsbeleidigung) Gegenstand der Strafverfolgungsbehörden.
Einladung: Öffentliche Verhandlung
Dienstag, 08.10.19 12 Uhr, Raum 571
Amtsgericht Tiergarten, Turmstraße 91, 10559 Berlin
Kommt 20 min. früher und habt keine kriminalisierbaren Dinge dabei. Es gibt Einlasskontrollen, bringt einen Ausweis mit. Zufälligerweise findet einen Tag vorher ein Publikumstraining für Gerichtsprozesse statt:
https://agskillsharing.blackblogs.org/mo-7-10-um-19h-publikums-aktionstraining-fuer-gerichtsprozesse/
Strafverfolgung wegen Adbusting
Wir wissen nicht, wer schon alles Stress mit der Justiz hatte, wegen Adbusting-Aktionen die „Dies Irae“ zugeschrieben werden. Wir haben weder ein Copyright auf Plakate, noch können und wollen wir kontrollieren, wer, wann, wo, welche Plakate aufhängt. Meldet Euch, wenn ihr Stress bekommt, so wie die Person, die am 08.10.19 vor Gericht steht.
Wäre ja nicht das erste mal, dass die Justiz Personen verdächtigt, und im Laufe der Strafverfolgung einsehen muss, dass Unschuldige einer Straftat bezichtigt wurden, oder gar kein Strafratsbestand erfüllt wurde:
– 2016 erstattet Björn Höcke Anzeige wegen Beleidigung, wegen eines Plakats in Erfurt: Die Staatsanwaltschaft Erfurt kann aber keine Straftat erkennen, da der Inhalt eindeutig von der Meinungsfreiheit gedeckt ist.
– 2017 konstruiert H&M wegen des Plakats „Jobs@H&N“ Üble Nachrede, Verleumdung und Nötigung. Die Staatsanwalt Hamburg lässt die Strafverfolgung ins Leere laufen.
– 2017 tauchen am Hamburger Hauptbahnhof Plakate auf, die den Arbeitsfetisch unserer Gesellschaft thematisieren. Die Polizei verfolgt eine Person, die zur fraglichen Tatzeit zwar nicht in Hamburg war, aber immerhin ein Foto von dem Plakat twitterte. Offenbar reicht das aus, um sich verdächtig zu machen. Die Polizei muss später einräumen, dass die betroffene Person nichts mit der Aktion zu tun hatte. Und dass gar keine Straftat (Sachbeschädigung) vorlag.